Fuß und Myofasziales System
Exklusive Tipps von Dr.Norbert L.Becker
Fuß und Myofasziales System
In meinen bisherigen Blogbeiträgen haben wir den funktionalen Aufbau des Fußes und seine Beweglichkeit durch Muskeln und Sehnen im biomechanischen Ablauf des Gehens und Stehens näher betrachtet.
Was haben nun Faszien mit dem Fuß zu tun? Sie sind in aller Munde, aber auch geheimnisumwittert. Und welche Funktion haben sie eigentlich? Wenn die Knochen die Stabilität liefern, die Muskeln die Beweglichkeit und die Sehnen die Verbindungen schaffen, wozu dienen dann die Faszien? Was sind Faszien und das myofasziale System genau?
Alles über die Faszien wissen wir noch nicht, aber Vieles hat man inzwischen erforscht. Der Begriff „Faszia“ bedeutet Bündel, Verbund oder Band. Faszien verlaufen netzartig in unserem Körper als organ- und muskelumhüllende Struktur aus Bindegewebe. Die Faszie hat zunächst eine eher passive Funktion. Sie gibt den einzelnen Organen wie den Muskeln Halt und Form. So umhüllen Faszien das Muskelgewebe, bündeln sich in den Sehnen, umspannen, bewegen und stabilisieren die Gelenke und bilden so das sogenannte ‚myofasziale System‘.
Welche Bedeutung haben nun die Faszien speziell für den Fuß?
Alle heute bekannten Muskel-Faszien-Züge stehen mit dem Fuß in Verbindung, beginnen dort oder umfahren ihn: Die oberflächliche Rückenlinie, die oberflächliche Frontallinie, zwei Laterallinien und die Spirallinien (nach T. Myers). In dieses System sind ebenfalls die Faszienzüge der Arme integriert. Der Fuß ist somit nicht nur ein wichtiger Teil des ‚Spannungsnetzwerks‘ in unserem Körper sondern beeinflusst dieses Netzwerk in besonderer Weise.
Rückenlinie; Figur 3: Oberflächliche Frontallinie; Figur 4: Laterallinie; Figur 5 und 6: Spirallinie - (modifiziert nach T. Myers)
So führt zum Beispiel die Oberflächliche Rückenlinie von den Zehen über die Plantarfaszie, welche sich dicht unter der Fußsohle befindet, über die Ferse zum Unterschenkel und von dort bis hinauf zum Kopf.
Die Abb. links symbolisiert den Verlauf der Faszienzüge am Fuß; Blau: Spiralfaszien; Rot: Oberflächliche Rückenlinie; Violett: Tiefe Frontallinie; Braun: Laterallinie - © fair2feet
Abb. rechts symbolisiert den Verlauf der Plantarfaszie in der Fußsohle
Durch das Zusammenwirken der Faszien mit Sehnen, Knochen, Gelenken und Muskeln ergibt sich die besondere Funktionalität des Fußes. Denn der Fuß ist ja keinesfalls nur ein statisches Element zur Übertragung des Körpergewichts auf den Boden. Er kann aufgrund seiner Flexibilität und seiner Verspannung vielmehr unterschiedliche Belastungen tolerieren, entsprechende Bewegungen durchführen sowie sich unterschiedlichen Untergründen anpassen.
Aber, fehlt da nicht noch etwas? Ja, natürlich, das Wahrnehmen, das Ertasten und Erfühlen wo und wie ich meinen Fuß hinsetzen kann, das haben wir noch nicht erwähnt. Man denke nur einmal an den Stein im Schuh, der auf die Fußsohle drückt: Der erfühlte Druck wird unverzüglich in eine angemessene und den Schmerz möglichst vermeidende Reaktion und Bewegung des Fußes und damit des gesamten Körpers umgesetzt. Die Sensitivität der Faszien spielt in diesem Prozess eine wichtige Rolle.
Es ist zusammen betrachtet die komplexe Sensomotorik des Fußes, die eng mit dem myofaszialen System zusammenwirkt und die in der bisherigen Betrachtung noch fehlt. Wir werden sie in einem weiteren Blogbeitrag genauer beschreiben.
Bleiben wir aber zunächst noch bei den Faszien und stellen die Frage, was unseren Körper aufrecht und stabil hält, ihn gleichzeitig aber beweglich macht und dynamisiert? Es ist das System aus Muskeln und Faszien, welches unseren Körper verspannt, ihn zusammen mit dem knöchernen Skelett stabil macht und gleichzeitig beweglich hält, und dann über die Faszien die Muskelspannung vermittelt.
Eine Störung oder eine Beeinträchtigung der Funktion des Fußes kann sich demzufolge über das Muskel-Faszien-System weitreichend auf den Körper auswirken und bei falscher Belastung zu Funktionsstörungen des Halte- und Bewegungsapparates führen, für allgemeines Unbehagen sorgen sowie Schmerzen und weitere negative Folgen verursachen.
Solchen Beeinträchtigungen sollte man entgegenwirken, auch und besonders durch das richtige Schuhwerk. Neben dem passenden und bequemen Schuh sind Fußgymnastik, barfuß laufen und Bewegung jeglicher Art ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Funktion des Fußes.
Wie man Faszien und das myofasziale System auch mit innovativen Hilfsmitteln trainieren, mit einem sensomotorisch vermittelten Reiz, insbesondere mit leichtem Druck, ‚stimulieren‘ und deren Funktion unterstützen kann, auch das werden wir in einem weiteren Blog-Beitrag besprechen.